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Forschungssteckbrief: Geographie/Geowiss.

Quartäre Tsunamis im ostionischen Meer - Von der antiken Flutwelle zum modernen Tsunami-Frühwarnsystem

Titel:

„Quartäre Tsunamis im östlichen Ionischen Meer – Rekonstruktion und Modellierung von Extremereignissen mittels interdisziplinärer geowissenschaftlicher Untersuchungen“

DFG-Projekt unter der Leitung von Prof. Dr. Andreas Vött, Geographisches Institut, Universität zu Köln.

Projektlaufzeit:

01.03.2009 – 09.02.2012

Schlagworte:

Tsunami / Paläotsunami / Meeresspiegelentwicklung / Holozän

Fachgebiete und Arbeitsrichtung:

Geographie, Geoarchäologie, Geomorphologie, Sedimentologie, Geophysik, Geochronologie

Forschungsanliegen in einem Satz

Das Projekt rekonstruiert das Ausmaß und den Ablauf prähistorischer und historischer Tsunamis an den Küsten des östlichen Ionischen Meeres sowie ihren langfristigen Einfluss auf die Entwicklung der Küste während des Holozäns mit Hilfe geowissenschaftlicher Untersuchungen.


Hintergrund

Das Tsunami-Risiko im östlichen Mittelmeer gehört im weltweiten Vergleich mit zu den höchsten. Ursache hierfür ist die hohe tektonische Aktivität entlang des Hellenischen Bogens, einer Region, in der sich die Afrikanische Platte unter die Eurasische schiebt, wodurch zahlreiche Erdbeben hervorgerufen werden.
Das östliche Mittelmeer ist durch vergleichsweise geringe Entfernungen zwischen gegenüberliegenden Küsten, eine sehr unregelmäßige Unterwassertopographie und zahlreiche große und kleine Einbuchtungen entlang von Tausenden von Kilometern Küste gekennzeichnet. Diese Konstellation erschwert die Frühwarnung vor Tsunamis, da die Reaktionszeiten im Vergleich zu weitläufigen Ozeanen und Küsten sehr kurz sind.
Bereits in der Antike wurde das Mittelmeer von Tsunamis  heimgesucht, wie man aus antiken Quellen weiß und anhand von geologischen Untersuchungen belegen kann.
Die Erforschung von Paläotsunamis trägt grundlegend zum Verständnis der Dynamik und der Dimension von extremen Wellenereignissen bei und ermöglicht eine wissenschaftlich fundierte Risikoeinschätzungen hinsichtlich möglicher zukünftiger Tsunami-Impakte. Dies ist umso bedeutender, da sich auch die Küstenregionen des Mittelmeers durch eine im Vergleich zum Hinterland hohe Bevölkerungsdichte auszeichnen und zusätzlich jährlich Tausende von Touristen anziehen.
Dem Forschungsprojekt liegt ein stark interdisziplinärer Ansatz zugrunde, der geomorphologische und sedimentologische Felduntersuchungen systematisch mit den Ergebnissen von Modellierungsarbeiten vergleicht.

Ziele

Ziel ist die Rekonstruktion und Modellierung von Ablauf, Ausmaß und Auswirkungen (prä-)historischer Tsunami-Impakte auf ausgewählte Küstenabschnitte Westgriechenlands zwischen dem Ambrakischen Golf und der südlichen Peloponnes.

Die Ergebnisse aus Laboruntersuchungen und Feldstudien werden in einer GIS-basierten Datenbank zusammengefasst und mit  Computermodellen verglichen. Langfristig sollen die Forschungsergebnisse dazu beitragen, die Tsunami-Risikoabschätzung in dieser Region zu präzisieren und ein Frühwarnsystem zu etablieren. Darüberhinaus sollen sie das grundsätzliche Verständnis für die Langzeitauswirkungen von Tsunamis auf Küstengebiete stärken.


Publikationen

  • VÖTT, A., MAY, S.M. (2009): Auf den Spuren von Tsunamis im östlichen Mittelmeer. Geographische Rundschau 12: 42-48.
  • VÖTT, A., BARETH, G., BRÜCKNER, H., FOUNTOULIS, I., KELLETAT, D., LANG, F., SAKELLARIOU, D., SCHEFFERS, A., SCHEFFERS, S. (2009): Palaeotsunami signatures in Holocene coastal geo-archives of the eastern Ionian Sea region, Greece. In: Pérez-Lopez, R., Grützner, C., Lario, J., Reicherter, K., Silva, P.G. (Eds.): Archaeoseismology and palaeoseismologhy in the Alpine-Himalayan collisional zone. Abstracts volume, 1st INQUA-IGCP-567 International Workshop on Earthquake Archaeology and Palaeoseismology, Baelo Claudia (Cádiz), Spain, 7-13 September 2009. ISBN 978-84-7484-217-3. 
  • VÖTT, A., BRÜCKNER, H., MAY, S.M., SAKELLARIOU, D., NELLE, O., LANG, F., KAPSIMALIS, V., JAHNS, S., HERD, R., HANDL, M., FOUNTOULIS, I. (2009): The Lake Voulkaria (Akarnania, NW Greece) palaeoenvironmental archive – a sediment trap for multiple tsunami impact since the mid-Holocene. Zeitschrift für Geomorphologie N.F., Suppl. Issue 53/1: 1-37.
  • VÖTT, A., BRÜCKNER, H., BROCKMÜLLER, S., HANDL, M., MAY, S.M., GAKI-PAPANASTASSIOU, K., HERD, R., LANG, F., MAROUKIAN, H., NELLE, O., PAPANASTASSIOU, D. (2009): Traces of Holocene tsunamis across the Sound of Lefkada, NW Greece. Global and Planetary Change 66: 112-128.
  • VÖTT, A., BRÜCKNER, H., MAY, M., LANG, F., HERD, R., BROCKMÜLLER, S. (2008a): Strong tsunami impact on the Bay of Aghios Nikolaos and its environs (NW Greece) during Classical-Hellenistic times. Quaternary International 181: 105-122.