zum Inhalt springen

Foto: Julian Schmischke

 

Julian Schmischke ist eingeschrieben im a.r.t.e.s. Research Master. Dieses Angebot der durch die Exzellenzinitiative geförderten a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanites Cologne bereitet wissenschaftlich besonders ambitionierte Studierende frühzeitig auf eine entsprechende Laufbahn vor. Julian hat im Research Master-Programm die Möglichkeit eines Auslandsaufenthalts genutzt, für den die Studierenden auf das internationale Netzwerk der Fakultät zurückgreifen können.  Vom 1. April bis 15. Juli forschte er an der Partneruniversität Jawaharlal Nehru Universitiy (JNU) in Neu-Delhi 

Die a.r.t.e.s. Graduate School – Interdisziplinäre Forschung auf höchstem Niveau

Die a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne steht für eine wissenschaftliche Ausbildung auf höchstem Niveau. Mit ihrer breit gefächerten, interdisziplinären Ausrichtung möchte sie zum Verständnis von Wissensprozessen in ihrem ganzen Umfang beitragen. Als Graduiertenschule der gesamten Philosophischen Fakultät umfasst die a.r.t.e.s. Graduate School zahlreiche Stationen vom Master bis zum Postdoc. 

Alle Masterstudierenden der Philosophischen Fakultät können sich für die Teilnahme am Research Master-Programm bewerben. Die Ausschreibungen werden jeweils im Sommersemester veröffentlicht. 

Hier Julians Auslandserfahrungen aus Neu-Delhi im Research Master der a.r.t.e.s. Graduate School for the Humanities Cologne:

Was ich in Delhi mache

Auf dem Weg zur School of Languages auf dem JNU Main Campus. Foto: Julian Schmischke

Im Rahmen meiner Masterarbeit beschäftige ich mich mit dem Feld der internationalen Entwicklungszusammenarbeit. Dabei stelle ich mir nicht die Frage, ob Entwicklungszusammenarbeit funktioniert oder überhaupt funktionieren kann. Ich möchte vielmehr besser verstehen, welche Effekte sie produziert und wie diese Effekte entstehen. Diese Effekte entstehen allerdings nicht einfach so, sondern durch das Wechselspiel von entwicklungspolitischen Strategien, der alltäglichen Praxis ihrer Umsetzung und der Repräsentation dieser Tätigkeiten. Mein Fokus liegt deswegen auf ExpertInnen und PraktikerInnen, die in diesem Feld arbeiten. Daher habe ich als „Forschungsfeld“ eine Organisation gesucht, in der ich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei ihren alltäglichen Aktivitäten wie Berichte schreiben, Projektanträge verfassen, Workshops besuchen etc. begleiten kann.

Im India International Center. Foto: Julian Schmischke

Indien stellt in diesem Kontext für mich ein spannendes Forschungsszenario dar, da „die größte Demokratie der Welt“ seit ihrer Unabhängigkeit stark durch Entwicklungsprojekte geprägt wurde. Neben den üblichen internationalen Organisationen agiert in diesem Feld auch eine vermutlich sehr viel größere Zahl von indischen NGOs, privaten Unternehmen und natürlich auch die Regierung selbst, sodass hier guten Gewissens von einem Entwicklungssektor gesprochen werden kann. Hier finden beispielsweise viele Absolventinnen und Absolventen aus den Geistes- und Sozialwissenschaften eine erste Anstellung.

Förderung | Und woher kommt das Geld?

Foto: Julian Schmischke

Ich bin in der privilegierten Position, für meinen Aufenthalt in Delhi aus zwei Töpfen Förderung zu bekommen. Einen Teil erhalte ich vom Center for Modern Indian Studies (CMIS) an der Universität zu Köln. Dazu hatte ich als Research Master die Möglichkeit, einen Zuschuss für diese Forschungsreise aus den Mitteln von a.r.t.e.s. zu beantragen, was erfreulicherweise auch geklappt hat. So kann ich insgesamt dreieinhalb Monate hier in Delhi verbringen.

Fairerweise sollte gesagt werden, dass ich schon zu Beginn meines Masters die vage Vorstellung hatte, „später“ eine kleinere Feldforschung in Indien durchzuführen, wobei das Thema damals noch überhaupt nicht klar war. Dadurch hatte ich viel Zeit mich umzuhören, welche Beziehungen nach Indien bereits bestehen. Und eine Portion Glück war auch dabei, da zwei meiner Kommilitoninnen gerade von einem Aufenthalt aus Delhi zurückgekommen waren, sodass ich von ihren Erfahrungen profitieren konnte. Etwas Vorlauf ist also vor allem was den finanziellen Aspekt angeht nicht zu unterschätzen.

Die JNU | Eine grüne Oase zum Verlaufen

Grüner JNU Campus Foto: Julian Schmischke

Der Campus der Jawaharlal-Nehru-University Delhi, kurz JNU, ist ein geradezu wunderbarer Rückzugsort im Süden der hektischen, von Verkehr und Luftverschmutzung geprägten Megastadt Delhi. Das Areal ist sehr weitläufig und grenzt an das „Delhi Ridge“, den Ausläufer eines bewaldeten Gebirgskamms. So wird der Campus mehr von Bäumen als von Gebäuden dominiert, was vor allem in den Sommermonaten für ein angenehmes Klima sorgt. Einige der Studierenden, die ich hier kennen gelernt habe, verlassen während dieser Zeit den Campus fast gar nicht, da es ihnen außerhalb zu heiß ist. Um von A nach B zu kommen, nutzen hier viele ein Fahr- oder Motorrad oder die Busse, die auf dem Campus unterwegs sind.

 

„Einer der Professoren hat außerdem angeboten, sich während meines Aufenthaltes regelmäßig mit mir zu treffen“

 

 

Die Uni Köln hat ihre Zusammenarbeit mit der JNU in den letzten Jahren immer weiter ausgebaut. Zuletzt zum Beispiel durch die Schaffung des GSSC-Netzwerks zum Thema „Remapping the Global South“ (hier kann man sich auf Stipendien bewerben). Ich bin selbst im Moment nur gelegentlich auf dem Campus, etwa um die Bibliothek zu nutzen oder um Freunde zu treffen. Einer der Professoren hat außerdem angeboten, sich während meines Aufenthaltes regelmäßig mit mir zu treffen, um mir zu helfen, meine Einblicke einzuordnen und meine Erfahrungen zu diskutieren. Diese Supervisionstreffen mit einem „Unparteiischen“ empfinde ich als super hilfreich.

Wohnen | Campus, Gated Community oder Paying Guest?

Julian in seiner WG am Herd Foto: Julian Schmischke

Obwohl die Möglichkeit bestanden hätte, auf dem JNU-Campus in einem der Studierenden-Hostels unterzukommen (es gibt auch ein Hostel speziell für internationale Studierende), habe ich mich entschieden, in die WG von ein paar Freunden aus Nordindien einzuziehen. Ich wollte vermeiden, den Campus zu gemütlich zu finden und am Ende nicht zu oft dort raus zu kommen. Auch hier hatte ich Glück, da ein früherer Mitbewohner gerade einen Job in Goa bekommen hat und deswegen ausgezogen ist. 

Studi-WGs kenne ich selbst hier in Delhi nicht besonders viele, aber unter jüngeren Berufstätigen ist das nicht unüblich. Die Wohnungen, die ich besucht habe, sind im Vergleich zu den Hostelzimmern oft etwas komfortabler. Allerdings bewegt sich die Miete auch auf dem Niveau eines Kölner WG-Zimmers. Solche Angebote kann man beispielsweise in entsprechenden Facebook-Gruppen finden. Indische Studierende kommen auch oft bei Familien als Paying Guest mit Vollpension unter. Hier kann es allerdings passieren, dass man sich ein paar indische Eltern einfängt, die ein starkes Interesse daran haben, dass man abends beizeiten zuhause ist.

Transport | Metro, Rikshaws und Flipflops

Julian in der Metro in Delhi. Foto: Julian Schmischke

Da ich in einem Viertel im Norden von Delhi wohne, brauche ich eine gute Stunde, um zur JNU zu kommen, die auf der anderen Seite des Stadtzentrums liegt. Durch die Delhi Metro ist diese Reise aber im Vergleich zum Stadtverkehr sehr gut zu bewältigen, da man den garantierten Stau umgeht. Ich kann wärmstens empfehlen, einen Schal einzustecken, da die Klimaanlage oft überrascht. Die JNU hat (noch) keine eigene Metro Station, sodass man von der Haltestelle Hauz Khas noch mal ein paar Minuten in eine Rikshaw hüpfen kann. Delhis Rikshaw Wallas benutzen recht ungern ihre Taxameter, sodass man sich gleich noch in Verhandlungsgeschick üben kann.

Freizeit

Eine der vielen „Wände der Demokratie“ an der Central Library der JNU, gestaltet von Mitgliedern der All India Students Association (aisa). Foto: Julian Schmischke

Möglichkeiten, sich von der Feldforschung abzulenken, gibt es in Delhi erwartungsgemäß mehr als genug. Ich slackline beispielsweise sehr gerne und habe über die Seite littleblackbookdelhi eine Gruppe gefunden, die sich regelmäßig sonntags im District Park von Hauz Khas trifft und Neuzugänge freudig aufnimmt. Essen gehen kann auch sehr vergnüglich sein. Gefühlt ist jede dritte Person, die ich hier treffe, ein „Foodie“, führt einen eigenen Foodblog und ist bestens darüber informiert, wo es die besten Momos gibt, wo gerade ein neues Restaurant aufgemacht hat und wann der nächste Foodwalk durch die Altstadt stattfindet.

Die zahlreichen Imbissstände laden zum Ausprobieren ein Foto: Julian Schmischke

Es kann passieren, dass an einem Abend zwei oder auch drei Lokalitäten besucht werden: erst zur Happy Hour wegen des günstigen Bieres, dann auf eine Kebab Rolle auf den einen Markt und dann noch richtig Abendessen in dem neuen südindischen Restaurant. Oft treffe ich mich aber auch einfach nur für einen Chai am Connaught Place im Stadtzentrum, um die vielen Eindrücke des Tages wirken zu lassen.